Energierebellion + misslungenes Emotionalgeblubbere im Schafsgewand eines Dokumentarfilmes [Update]
18.04.2020 Die ARD hat am 15.04.2020 um 23:45 Uhr den Film - Power to Change - Die Energierebellion - gezeigt. Die ebenfalls am 15.04.2020 bis zur völligen individuellen Erschöpfung in den öffentlichen Medien gezeigten Berichterstattungen über die Beschlüsse zum weiteren Vorgehen in der Corona-Krise dürften viele Mitmenschen davon abgehalten haben, sich die 94-Minuten-Dokumentation über einige Energierebellen inklusive der möglichen Energierebellen-Gegner bei diesem späten Sendetermin auf die Synapsen zu klatschen. Sach' ich mal. Um nichts Spannendes im Weltengewirke zu verpassen, gibt es glücklicherweise die Mediatheken. Yeah. Auf zur Mediathek.
Die von Carl-A. Fechner zu verantwortende Dokumentareinheit - Power to Change - Die Energierebellion - habe ich mir heute, Samstag 18.04.2020, angeguckt. Am hellichten Tag, mit 100 Prozent Leistungsaufnahme aller mir zur Verfügung stehenden Synapsen, um die bereits 2016 vorliegenden Erkenntnisse nachvollziehen zu können.
Der "Klappentext" für diese Dokumentation auf der ARD-Mediathek-Seite beinhaltet den würzig-schmackigen Text "Die Darlegung überraschender und erhellender Fakten, mit den filmischen Mitteln des Kinos erzählt, macht klar, warum die rasche Umstellung der Weltenergieversorgung auf 100 Prozent dezentral erzeugte Energien entscheidend für das Überleben der Menschheit ist und uns alle betrifft." sowie die emotionale Aufrüttelungsaufforderung mit "und er zeigt es berührend, bewegend, überraschend und informativ, untermalt mit großer Filmmusik und in aufwendig gedrehten Bildern in Cinemascope."
Den oben eingefügten Teilen des "Klappentextes" stimme ich vollinhaltlich zu. Während des Filmguckens war ich zeitweilig geneigt, den Film als Eventmovie für kirchliche Organisationen zur Pfadfinderschulung weiterzuempfehlen. Der Film wabbelt zwischen den ehrbar dargestellten Energierebellen und den bösen Kapitalisten hin und her. Yeah, welche Erkenntnis, dass die täglich aufgewendeten Lobbykosten für die Verhinderung der Energiewende passgenau eingeblendet werden, natürlich darf Fukushima nicht fehlen und die Besorgnis der im Bus fahrenden Mitmenschen ob der Gefahren der Atomkraft werden nachdrücklich zum Zuschauer transportiert. Emotionale Feindbilder im Gewand der Zuschauerinformation? Bei dem ernst zu nehmenden Thema Energiewende? Ja sach nur. Verwegenes Konzept.
Wo sind die Fakten? Wo sind die harten europäischen Fakten, nicht die ukrainischen Erzählungen? Hey, ich habe den Film bis zum Ende geguckt! Ich habe sehnsüchtig gehofft, dass ich Fakten bekomme. Harte Fakten. Nix da. Bei der Webseite film-kultur.de wird der Dokumentarfilm in höchsten Tönen gelobt. Wieso, warum?
Das Überleben der Menschheit mit 100 Prozent dezentral erzeugten Energien zu verbinden, ordne ich als unoriginellen Werbespruch einem Aal-Verkäufer auf dem Fischmarkt in Hamburg zu. Hat sich der verantwortliche Dokumentar-Filmemacher, der sich so vehement in das Ukrainebeispiel vertieft hat, mal in Afrika umgeschaut? Aktuell sieht es in Afrika so aus.
[Update]Wo bleibt [ auch 2014/2015/2016 zum Zeitpunkt der Filmerstellung das entscheidende Thema ] die Einbindung des Themas der Systemdienstleistungen? Systemdienstleistungen in einem Stromnetz sind in der Abbildung unten dargestellt und werden derzeit von den Kohle-Gas-Atom-Kraftwerken erbracht, nicht von volatilen Energieerzeugern.
Um die Bedeutung von elektrischer Energie übergeordnet, also außerhalb der Kleinheit des eigenen rammeligen Blinker-Blinker-Partykellers, verstehen zu können, schwebt der interessierte Neugierige sofort zu einem Video mit Hans Rosling. Hier rollt Information satt und plastisch in das heimische Gefilde. Hier erlebe ich die Kraft der soliden Information. Yeah.
Mindestens eine wilde Behauptunge bekomme ich im Dokumentarfilm - Power to Change - Die Energierebellion - serviert. Die ewigen Wiederholungen mit dem Anteil der Erneuerbaren am Gesamtenergielieferkonzept. Unten abgebildet habe ich die Aussage im Film: "Dank der garantierten Einspeisevergütung stammt jedoch fast ein Drittel des Stroms in Deutschland aus erneuerbaren Quellen". Zu diesem Thema habe ich die Energielieferungen aus zwei Zeiträumen von Agora Energiewende weiter unten eingebunden.
Dieser Dokumentarfilm wurde 2016 vielfach prämiert und beim besten Willen kann ich nicht erkennen, dass zu diesem Zeitpunkt die Aussage mit dem "Drittel des Stroms......." auch nur ansatzweise stimmen könnte. Dass beispielsweise in Minute 54:49 des Dokumentarfilmes Herr Horatio von John nicht mit der Zuordnung zu Gravity Power LLC (USA) genannt wird, finde ich nicht gelungen. Wer schon das Gute und das Böse im Dokumentarfilm im Cinemascope-Kino-Style präsentiert, sollte derlei Informationsvorenthaltungen gefälligst unterlassen. Hat das Scriptgirl Informationen entfernen müssen? Da werde ich pampig.
Dass die von mir höchst unnett benannte "Chefblondine" der deutschen Energiewende, Frau Prof. Dr. Claudia Kemfert, in diesem Dokumentarfilm herumhüpfen darf, hat mich nicht weiter gewundert. Galionsfiguren der jeweiligen Bewegungen [ auch der behaupteten rebellischen Bewegungen] werden bei geeigneter Fotogenität halt überall gezeigt. Die Ernsthaftigkeit der Aussagen von Frau Prof. Dr. Claudia Kemfer hatte ich bereits hier, hier sowie auch noch hier kritisch gewürdigt. Diesen Würdigungen möchte ich heute nichts mehr hinzufügen, da Frau Prof. Dr. Claudia Kemfert auch in diesem Dokumentarfilm Ihre Standardtexte herunterspult.
Auf geht es zu den 94 Minuten Dokumentarfilm mit einem beherzten Klick auf den unten abgebildeten Screenshot.
Im nachfolgenden Screenshot wird die Stromerzeugung sowie der Stromverbrauch im Zeitraum 15.04.2015 - 18.04.2016 dargestellt. Wer es genauer betrachten möchte, klickt auf den Screenshot und gelangt zur Webseite von Agora Energiewende.
Der aktuelle Jahresüberblick bei Stromerzeugung und Stromverbrauch für den Zeitraum 15.04.2019 - 18.04.2020. Die im Vergleich zum Screenshot des Zeitraumes 2015 - 2016 deutlich gestiegenen Stromlieferungen aus dem Segment der erneuerbaren Energien lassen viele Mitmenschen die feste Hoffnung hegen, dass bei noch mehr gebauten Windrädern und noch mehr verbauten Solarpanels tatsächlich in absehbarer Zeit die ultrabösen Kohle-Gas-Kraftwerke nicht mehr für den täglichen Energieverbrauch bei Strom benötigt werden könnten.
Völlig verkannt wird, dass Sonne sowie Wind höchst volatile Energielieferanten sind. Mit der Tendenz zum binären Zustand: Mal da, mal nicht. Etwas analoger formuliert: Mal ein bisschen da, mal deutlich mehr, mal bisschen weniger, mal super viel, mal halt gar nicht. Mit volatilen Energielieferanten lassen sich öffentliche Netzstrukturen nicht aufrecht erhalten. Krankenhäuser schon gar nicht. Produktionsanlagen sowieso nicht.
Die erforderlichen Speichertechniken für einen mehrtägigen Komplettausfall von Wind sowie Sonne sind in meinen Augen nicht finanzierbar. Genau aus diesem Grund wird bei dem nur von der BRD gegangenen Weg der Energiewende [ uns wird weltweit kein einziger Staat folgen, wer reitet schon freiwiliig ins Niemandsland außer uns? ] die Abhängigkeit von genau jenen Energieerzeugertechniken aus dem Ausland wachsen, welche in der BRD im Zuge der Energiewende abgeschaltet bzw. auseinandergeschraubt werden.
Meine Gesamtbewertung des Dokumentarfilmes- Power to Change - Die Energierebellion- : Ich weiß nicht, welches Ziel dieser Dokumentarfilm hat. Für mich ist dieser Film mittelmäßige Unterhaltung mit einem völlig überspannt global angesetzten Informationsanspruch ohne den dringend gebotenen und notwendigen Bezug zur Ernsthaftigkeit.
Jedem interessierten Mitmenschen empfehle ich immer noch das Buch Dunkelflaute von Frank Hennig und einen Besuch bei der Webseite vernunftkraft.de als Startpunkte. Der Zeitaufwand gestaltet sich etwas höher als die 94 Minuten dieses selbstbehaupteten Dokumentarfilmes, aber das Lesen von Dunkelflaute sowie der Besuch bei vernunftkraft.de lohnen sich allemal für die eigene Wissensbildung. Die aktuellen Beiträge von Herrn Hennig finden sich bei tichyseinblick.de. Die dortige Suche nach Frank Hennig führt zu interessanten aktuellen Beiträgen. Nicht immer sachlich, beileibe nicht, aber immer pointiert rübergebracht. Stoff zum Grübeln, nicht zum Konsumieren. Ich empfehle als Einstieg den Beitrag <Friedhof der Illusionen> vom 09.01.2020.
Von möglichen 10 Punkten [ 10 Punkte = Schulnote 1 in der BRD ] erhält dieser Film von mir 3 Punkte. Keinesfalls mehr.
https://www.next-kraftwerke.de/wissen/systemdienstleistungen
https://www.tichyseinblick.de/kolumnen/lichtblicke-kolumnen/der-friedhof-der-illusionen-begrabene-projekte-der-energiewirtschaft/
https://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Rosling
https://www.youtube.com/watch?v=6sqnptxlCcw
https://www.nationalgeographic.de/umwelt/2017/05/weltweiter-kohleverbrauch-sinkt-aber-afrika-faengt-er-gerade-erst
http://gravityenergyag.com/vorstand/
http://www.film-kultur.de/publikationen/power-to-change_kc.pdf
https://www.agora-energiewende.de/service/agorameter/chart/power_generation/15.04.2019/18.04.2020/
https://www.daserste.de/information/reportage-dokumentation/dokus/power-to-change-die-energierebellion-100.html
Tags: Politwahn, BildungsMurmeln